Absichtslosigkeit und Tantra

Hier der Link zu dem kürzlich eröffneten und zum Thema sehr gut passenden Thread
Tantra: Die Dynamik von GEBEN und NEHMEN
Bei YouTube findet man weitere interessante Videos zum »Wheel of Consent«.

leibe leute,
ich glaube das geht soweit ich es alles gelesen habe am thema vorbei. ohne absicht mache ich zum beispiel gar nichts ausser atmen. denn absicht lenkt die energie. worum es aber bei einem tantrischen austausch, geben und nehmen , der spanier sagt geben und empfangen,es ist also beidseitig nicht passiv, geht ist den zustand des vollständigen jetztigen gegenwärtigkeit zu erreichen, und an dem punkt wird eine erwartung zum gedanklichen verlassen der JETZT ebene und dass tötet die feiheit auf genau die gefühle zu reagieren die eben jetzt und nicht gleich da sind.
was sagt ihr zu diesem denkansatz? viele grüße

Dieser Satz erinnert mit an Ratgeber-Bücher, in denen gleich am Anfang jemand schreibt: "Vergessen Sie alles, was je ein ... zu Ihnen gesagt hat".


Vielleicht kann man die "Absichtslosigkeit" im Tantra sogar ähnlich verstehen wie den Atem. Wir können ihn unter die willentliche Kontrolle bringen, aber wir können ihm auch freien Lauf lassen. Dazwischen gibt es einen großen Spielraum. So einen ähnlichen Spielraum können wir auch in andere Verhaltenselemente bringen. Laufen im Wald zum Beispiel - eine automatisierte Bewegungsform, bei der sich der Körper automatich den Unebenheiten des Bodens anpasst. Auch Massagebewegungen lassen sich so "automatisieren", so dass die vordergründige Absicht (z.B. sich daran aufzugeilen, wie man dem Anderen "Gutes tut") vorübergehend verschwindet und der Körper ganz von selbst "achtsam" auf subtile Impulse des Empfangenden reagiert.


Auch der Atem ist nicht wirklich "passiv". Er passt sich sehr intelligent und in Echtzeit an die situativen Energie-Anforderungen des Körpers an. Die "vollständige Gegenwärtigkeit" im Tantra hat insofern etwas mit Absichtslosigkeit zu tun, als eine Handlung in vordergründiger Absicht immer eine Zeitstruktur aufweist, die dem, was ist, hinterherhinkt. Der Absichtsvolle hat also Probleme damit, den richtigen Mikrozeitpunkt für seine Bewegungsimpulse zu finden und kann daher mit dem Gegenüber nicht wirklich mitschwingen.


Diesen Satz habe ich nicht wirklich "verstanden", aber intuitiv scheint mir, dass du vielleicht etwas ähnliches damit meinst wie das, was ich gerade geschrieben habe.

LG Ingo

Interessantes Thema... hmmm...es ist für Frau schwer einen Mann zu finden der die Tantra Massage privat auch als solches empfangen möchte. Oft enstehen auf seiner Seite noch weitere sexuelle Lüste die mich aber beim massieren stören. Mit absichtslosigkeit verstehe ich, daß man einfach eine Massage empfängt oder gibt ohne was anderes zu wollen, ohne jegliche Erwartung eben...


Ja, das können sie tun, wenn man sehr vertraut ist. Nur selten ist das so, sondern sie erwarten es einfach oder wollen es (von mir). Ach...soweit kommt es oft nicht, wenn Mann vorher weiß daß es nicht zum sex kommt, gibt es auch keine Verabredung zur Massage. Es gibt natürlich Ausnahmen, nur die zu finden ist mühsam...


Stimmt genau! Mich macht die absichtslose Massage glücklicher als alles andere.

Glaub weiter an das Gute in den Menschen, vor allem in den Männern.

Nicht alle Kerle sagen eine Massage ab, wenn fest steht, dass es nicht zum berühmten Happy End kommt. Für mich z.B. gibt es bei einem tantrischen Ritual kein Ziel.

Es kommt ja zum Happy End aber nicht als Geschlechtsvekehr

Den glauben möchte ich nicht verlieren, leicht wirds einen aber nicht gemacht...

Nun Ingo, das ist deine Sichtweise zur Zeit... In meiner Sichtweise und Wahrnehmung, in meinem Da-sein, so auch auf meinen tantrischen "Pfaden" gibt es keine Zeit. Zeit ist für mich ein Konstrukt des Menschengeistes/-verstandes aber universell/absolut nicht existent...
So hat jeder seine Sichtweise und Wirklichkeit....

Alles klar

MrRosen, was möchtest du mir jetzt damit sagen? Dann erklär ich das jetzt absichtslos, es KANN zum Happy End kommen wenns passiert

@*****205
es tut mir leid dass mein erster satz dich an irgendwas erinnert. das konnte ich nicht wissen, ich steh trotzdem dazu .
mit der zeitstruktur meinst du etws ähnliches wie ich und erweiterst meinen gedanken noch. ich meinte eher dass eine absicht oder besser eine er wartung auf die zukunft gerichtet ist "ich stelle mir folgende...xy reaktion/wirkung auf den/ des partners vor..." aber ein hinterher hinken finde ich auch denkbar. jedenfalls geht es meiner meinung nach um das gedankenlose tun aus dem gefühl und nicht aus dem denken heraus. tantra lernen bedeutet für mich eine art werkzeugkasten im geiste zu haben aus dem dann während einer begegnung geschöpft werden kann und das eben ist die kunst die dinge aus dem gefühl heraus ,nicht aus dem verstand, zu tun.

@******a80
ich glaube du kämpfst gegen eine gewisse konditionierung "das höchste der gefühle ist die vereinigung" an. das ist ja auch eine art instinkt so biologisch gesehen.
vielleicht kannst du einfach klarer machen dass du weisses tantra willst.
und vielleicht hat dein problem auch damit zu tun, was ich einmal in einem workshop für angehende clowns gelernt/ erfahren habe. das thema war steigerung. wir haben etwas genommen einen gedanken ,ein gefühl ,eine kleine handlung und die haben wir dann immer mehr gesteigert, und dann wieder abklingen gelassen. dabei zeigte sich, dass diejenigen,die in der steigerung nicht bis 10(das höchste) gegangen sind, schwierigkeiten hatten wieder die null zu finden. diese waren irgendwie nicht befriedigt.

Egal wie man Absichtslosigkeit im Tantra interpretiert, eines erscheint mir dabei plausibel, wenn ich mal aus der Vielzahl der Tantrarituale die Tantramassage herausgreife und betrachte. Hierbei sehe ich jedenfalls eine klare und von den Beteiligten bewusst eingenommene Rollenverteilung: Die aktive und gebende Person dient und beschenkt dabei die andere Person, welche dieses Geschenk empfängt und dabei passiv bleibt. Es ist dabei kein Platz für die Herstellung eines Einvernehmens zwischen den Beteiligten in dem Sinne, dass der aktive Part etwas bekommt oder sich nimmt, auch wenn die passive Person es ihm erlauben und somit geben wollte. Das mag bei anderen Tantraritualen anders sein.

Oder interpretiere ich hier etwas falsch?

Als Naturwissenschaftler meine ich mit "Zeit" erst mal die Dimension, in der der Puls schlägt, der Atem fließt und die Gehirnschwingungen stattfinden, die z.B. im EEG messbar sind. Subjektiv gesehen befindet man sich im Zustand der Zeitlosigkeit, wenn "man auf den richtigen Zeitpunkt getuned ist", was objektiv dann als ein signifikantes Mitschwingen, z.B. in elektrophysiologischen Ableitungen zwischen Übungspartnern, festgestellt werden.

Psychologisch gesehen, sagen manche Leute, dass "Zeit" die Zeit zwischen Begehren und Erfüllung ist - die Diskrepanz zwischen Ist- und Soll-Zustand oder zwischen Erwartungshaltung und (erhoffter) Realität - eine Diskrepanz, die prinzipiell die Ursache des Leids darstellt. Im Zustand der Absichtslosigkeit gleicht sich der Ist-Wert dem Sollwert so schnell an, dass keine Diskrepanz mehr wahrnehmbar ist. Daher gibt es in dieser Hinsicht dann keine "Zeit" mehr - und natürlich auch kein Leid, keine Gier und keine Versäumnisangst.

Das sind für mich nicht unterschiedliche Sichtweisen der Zeit, sondern unterschiedliche Betrachtungsperspektiven. In der Außenperspektive von EEG und EKG tickt die Uhr im Sinne einer "chronologischen" Zeit kontinuierlich weiter, aber im Inneren "vergißt" man die Zeit, wenn man sich im Zustand der Absichtslosigkeit befindet.

In der Realität ist es oft ein Zwischending zwischen Absichtslosigkeit und vordergründiger Absicht. Die reine Absichtslosigkeit und Zeitlosigkeit scheint mir eine Idealvorstellung zu sein.

So sieht es an der Oberfläche aus, wenn der aktive Part etwas "macht" und der passive Part etwas "geschehen läßt". Am Beginn steht hier natürlich klar die einvernehmliche Absicht dieser Rollenverteilung.

Sobald die beiden in Kontakt gekommen sind, senden und empfangen beide eine Vielzahl von subtilen Körpersignalen. Der Empfangende ist zwar passiv in Bezug auf willentliche Handlungen, aber eigentlich "lenkt" er den Gebenden intuitiv mit seinen subtilen Signalen. Der Gebende empfängt diese Signale, reagiert intuitiv darauf und "vergißt" dabei seine vordergründige Absicht des "Schenken-Wollens". So kann ein echtes Mitschwingen der Beiden zustandekommen. Kommt es nicht zustande, dann gibt es oft die Situation, dass der Gebende in guter Absicht wahnsinnig viel schenken will, aber der Empfangende nur einen übertriebenen Aktivismus wahrnimmt, der in seinem Inneren gar nicht als Geschenk ankommt.

Wie weit die gegenseitige Nähe bei diesem Mitschwingen geht, kann vorab abgesprochen werden, aber streng genommen stellt jede solche Absprache eine gewisse Einschränkung der Absichtslosigkeit dar, weil sie ja ständig in vordergründiger Absicht überwacht werden muss - es sei denn man hat diese Überwachung automatisiert. Dann ist es vielleicht so ähnlich, wie man im normalen Leben auch seine Pisse zurückhalten kann ohne ständig mit der vordergründigen Absicht rumzulaufen: "Ich muss verhindern, dass ich in die Hose mache".