selber daneben
Also gehen wirs nochmal durch:
Laut Vergnügungssteuersatzung muss in Stuttgart für „das gezielte Einräumen der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bordellen, Laufhäusern, Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs und ähnlichen Einrichtungen“ Steuer gezahlt werden.
Die Fragen waren hier also: (i) ist ein Massage-Studio einer solchen Einrichtung vergleichbar und (ii) werden dort gezielt Gelegenheiten zu sexuellen Vergügungen eingeräumt?
Zum ersten Punkt meinte das Gericht, ein Tantra-Studio sei eine ähnliche Einrichtung. Mit dem Ausdruck seien alle Örtlichkeiten gemeint, in denen für die Teilnahme an sexuellen Vergügungen Entgelte zu zahlen sind. Da ist mE. durchaus vertetbar, denn ähnlich wie bei Swingerclubs ist ja auch bei Tantra-Massagen ein Entgelt fällig ohne dass eine Garantie für Sex im engeren (klassischen) Sinne besteht.
Zum zweiten Punkt meint das Gericht, dass es nicht darauf ankommt, dass es nicht in erster Linie auf des sexuelle Erlebnis ankommt - entscheiden sei dass der Kunde (auch) eine Massage im Genitalbereich buchen kann. Damit wird eben - gezielt eine Gelegenheit zu einem sexuellen Vergnügen eingeräumt." Ob es tatsächlich dazu kommt, dass solche Massagen erteilt werden - und ob sie dem Kunden gefallen, spielt keinerlei Rolle. Es geht um eine Besteuerung der Institute, die entsprechende Dienstlesitungen anbieten. Da ist die Satzung sehr klar.
So verstanden hatte der Richter praktisch keinen Spielraum, es sei denn man verweigert der Tantra-Massage den Vergnügungscharackter oder behauptet wider besseres Wissen, beim Tantra gehe es ja gar nicht um sexuelles Vergnügen.
Wo in dem Artikel ist denn angedeutet, dass der Richter sich von seinen persönlichen Überzeugungen hat leiten lassen und nicht professinelle Arbeit geleitet hat bei der juristischen Einordnung der Masssage?
Und wo hat er denn moralische Bewertungen einfliessen lassen? Ich lese in dem Artikel keinen einzigen Hinweise auf eine moralische Kategorie. Wenn man natürlich davon absieht, dass das Urteil schon deswegen als unmoralisch gilt, weil es hier den Mainstream nicht trifft...
Dass Tantra sexuelles Vergnügen anders definiert als beim klassischen Fick im Bordell, dass ein Wohlbefinden im Weiteren Sinne Teil davon ist, die Geber- und Nehmerrollen anders definiert werden als beim herkömmlichen Sex und alle Sinne und Organe einbezogen, nicht nur (aber doch auch!!!) die Sexualorgane und weil der Orgasmus nicht als das eigentliche Ziel angesehen wird....das alles ändert doch im Sinne der Satzung nichts daran, dass ein Tantra-Studio, das anbietet bei Massagen auch die Genitalien einzubeziehen, im Sinne der Satzung steuerpflichtig ist.
Die Menschen gehen doch nicht nur zu Tantra wegen der Hintergrundmusik? Oder wegen des Massageeffekts für die Muskeln? Ich habe, wie gesagt, noch keine Erfahrung auf dem Gebiet, bin neugierig, vermute aber mal stark, dass für viele Menschen hier sehr wohl gerade die sexuelle Komponente und das sexuelle Vergüngen eine große Rolle spielt - und gerade der Umstand, dass dieses auf ganz andere Weise gelebt werden kann als klassisch beim Sex. Das ist im Prinzip nicht viel anders als das was viele BDSM-Fetischischten für sich reklamieren, auch wenn man dort nicht auf fernöstliche Traditionen verweisen kann.
Wenn, müsste man sich also eigentlich über die Satzung aufregen, nicht über den Richter.